Rose Ausländer: Wirf deine Angst in die Luft

Wirf deine Angst
in die Luft

Bald
ist deine Zeit um
bald
wächst der Himmel
unter dem Gras
fallen deine Träume
ins Nirgends

Noch
duftet die Nelke
singt die Drossel
noch darfst du lieben
Worte verschenken
noch bist du da

Sei was du bist
Gib was du hast

Einführung: Ich habe Rose Ausländer in einer Braillebibliothek entdeckt und war sofort fasziniert von ihr. Ihre wudnerbare, kompakte und klare Sprache hat mich beeindruckt und ich habe etwas von meinem eigenen Schreiben darin wiedererkannt. Endlich gab es eine Autorin, die meiner eigenen Sprache etwas ähnliches entgegensetzen konnte, ein Echo, das mir zeigte, dass ich mit meinem Ansatz des Schreibens und der Bilder nicht allein bin. Andererseits könnte ich nie so prägnant udn auf den Punkt gebracht schreiben wie sie. Ein großes Vorbild für mein eigenes künstlerisches Schaffen. Manche Gedichte sind auch sehr düster, aber die meisten haben etwas lichtdurchflutetes, leichtes an sich, das mich an sonnenbeschienene Gärten oder Waldwege denken lässt, in der Licht udn Schatten einen harmonsichen Tanz aufführen, weil die Sonne durch sich bewegende Blätter scheint. Was mich ebenfalls tief berührt hat, ist die Thematik des Textes. Ich habe mich in der Zeit, als ich das Gedicht zum ersten Mal gelesen ahbe, sehr beklommen und allein gefühlt und dieses Gedicht hat mir eine neue Perspektive ermöglicht. Denn was ist unsere Angst denn anderes, als die Furcht vor dem Tod oder die Sorge, dass danach nichts von uns zurückbleibt. Aber man kann es auch wie Rose Ausländer machen: Die Angst in die Luft werfen, sie loslassen, fliegen lassen, wie eine Feder im Wind und die Zeit, die uns bleibt, einfach genießen.

Rose Ausländer, geboren 1901 in Czernowitz, gestorben 1988 in Düsseldorf, war Lyrikerin und schrieb auf Deutsch und Englisch.

Quellenangabe: Gedicht von Rose Ausländer, gefunden auf der Webseite www.frauenbund.ch.

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