Erich Fried: Was es ist
Es ist Unsinn
sagt die Vernunft
Es ist was es ist
sagt die Liebe
Es ist Unglück
sagt die Berechnung
Es ist nichts als Schmerz
sagt die Angst
Es ist aussichtslos
sagt die Einsicht
Es ist was es ist
sagt die Liebe
Es ist lächerlich
sagt der Stolz
Es ist leichtsinnig
sagt die Vorsicht
Es ist unmöglich
sagt die Erfahrung
Es ist was es ist
sagt die Liebe
Einfürung: Dieses Gedicht habe ich als Schülerin das erste Mal gelesen oder gehört. Ich habe auch eine professionelle Aufsprache davon. Was ich daran schön finde, ist, dass die Liebe einfach die Liebe sein kann und sich selbst genügt. Die anderen personifizierten Eigenschaften haben alle ihre eigenen Einwände gegen die Liebe. Aber sie verteidigt sich nicht, argumentiert nicht dagegen, streitet nicht, sondern sagt einfach ruhig, wie es ist. Die Liebe ist einfach die Liebe und darf aus sich selbst heraus bestehen, ohne hinterfragt zu werden. Eine Freundin von mir meinte mal, Liebe braucht nicht erklärt oder analysiert zu werden, sie ist einfach da. Und für mich sagt dieses Gedicht genau dasselbe. Liebe kann man nicht erklären oder begründen, sie ist einfach. Sie ist zu groß für Worte, so umfangreich, dass es oft vollkommen reicht, von ihrer Existenz zu wissen und dankbar dafür zu sein.
Erich Fried wurde 1921 in Wien geboren. Er war ein österreichischer Lyriker, Übersetzer und Essayist. Ab 1938 lebte er im Exil vor den Nationalsozialisten in London. Er starb 1988 in Baden-Baden.
Quellenangabe: Fried, Erich; Es ist was es ist; 1983
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