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Vorstellungstext Kostüm-Projekt "Die Schönheit des Andersseins" mit Patricia Walczak und Stefan Günther

Ich bin Katrin, 36, lebe im Tiergarten und habe Patricia über einen Aufruf zu ihrem Projekt kennengelernt. Besonders angesprochen hat mich ihr Thema Andersssein feiern. Die Andersartigkeit und dass Anderssein völlig okay ist, dass es sogar ein Privileg sein kann, den Norm-Zwängen nicht entsprechen zu wollen/können/sollen oder eine ganz eigene Norm zu kreieren, war schon länger ein Thema in meinem Kreativen Schreiben. Ein paar Texte dazu werden auch in der Ausstellung zu lesen und zu hören sein. Einige davon sind sogar während des Projektes entstanden und sind jetzt auf meiner eigenen Homepage zu lesen.

Mein Kostüm ist das Ergebnis eines Gesprächsprozesses. Ich habe Patricia u.a. erzählt, dass ich den Wind mag und früher viel am Meer Urlaub gemacht habe. Danach hat sie ein Foto von Stefan an mich geschickt, das auf der polnischen Seite der Insel Rügen an den Kreidefelsen der Küste aufgenommen wurde. Es wurde mir beschrieben, weil ich Fotos wegen meiner Blindheit nicht (mehr) erkennen kann und ich habe dazu Gedichte geschrieben. Denn das ist ein Teil meiner künstlerischen Arbeit. Ich bin Lyrikerin, Tänzerin und mache Modeschmuck sowie Kunst, die man gut fühlen kann. Solche Kunst taste ich auch am liebsten ab, aber ich mag es auch, wenn ich durch Beschreibungen etwas vermittelt bekomme. Das wird oft Grundlage meiner Texte. Dann haben wir uns nach und nach von blau und weiß zu Magenta und Indigo entschieden und die Bänder sollen an Luft-Drachen-Schwänze erinnern. Drachen steigen lassen war nämlich früher auch eine große Freude für mich. Ich hatte ihr außerdem erzählt, dass ich lange getanzt habe, aber pausieren musste, weil in meiner kleinen Wohnung nicht genug Platz dafür ist, so dass der Online-Unterricht nicht gut geklappt hat. Auch Corona spielte natürlich eine Rolle, weil ich Risikopatientin bin. Aber Patricia wollte unbedingt, dass ich in dem Kostüm auch tanze und hat die Volksbühne und deren Ballettsaal vorgeschlagen. Das war eine richtige Ehre für mich, dort arbeiten zu dürfen. Vor ein paar Jahren hatte ich als Kunstvermittlerin schon einmal einen Auftrag dort, aber damals war leider keine Zeit, alles richtig kennenzulernen. Der Ballett-Saal hat mir gut gefallen und auch der Fünfziger-Jahre-Charme, der z.T. noch an Bertold Brechts Zeiten erinnert, mit dessen Werken ich mich im Literaturstudium ausführlich auseinandersetzen durfte. Auch dass in der Kantine Luftballons in den Farben der Ukraine aufgehängt waren, hat mir gut gefallen. Es war toll, dort tanzen zu dürfen. Ich habe mich ganz leicht und frei gefühlt, konnt ein gutes Gespür für die Umgebung entwickeln, den anderen vertrauen und zu meiner großen Freude feststellen, dass es auch nach einer schwierigen Operation und darauf folgendem längeren Krankenhausaufenthalt, der mich sehr geschwächt hat, immer noch fast genauso gut ging wie früher. Es war zwar anstrengend und mein Gleichgewicht könnte noch mehr Training gebrauchen, aber es war trotzdem ein wunderschönes Erlebnis und sogar das Herumwirbeln ging teilweise schon wieder echt gut. Das hat mich überrascht und riesig gefreut. Mein größter Herzens-Traum wäre es aber, einmal wieder auf der wundervollen Bühne der Akademie der Künste zu tanzen, wo ich als Kind mit der Tanztangente Berlin aufgetreten bin. Das waren tolle Veranstaltungen. Die ganze Tanzschule hat alle zwei Jahre zu den Auftritten immer schon ein halbes Jahr vorher angefangen zu proben. Deshalb wäre es klasse, dort eigenständig eine Performance zu gestalten. Ich habe für die Akademie sogar schon einmal mit meinen Kolleginnen von einen Workshop online gegeben und war begeistert von der Offenheit der Menschen. Wegen meiner starken Schwehrhörigkeit tanze ich, wenn ich es allein mache, ohne Musik; ich habe aber auch schon schöne Erfahrungen mit improvisierter Livemusik und Improvisationstanz sowie Körperperkussion gemacht. Ich tanze genauso gern mit anderen Menschen zusammen wie Solos. Beides hat seinen ganz eigenen Reiz für mich. In der Volksbühne hab ich allein getanzt und die Leute, die zugeschaut haben - Stefan als Fotograf, Patricia als Projektleiterin und Kostümdesignerin sowie meine Taubblinden-Assistentin, waren alle begeistert. Außerdem habe ich einige meiner Gedichte vorgetragen. Stefan Günther hat alles fotografiert sowie gefilmt und die Rückmeldungen dazu waren bisher sehr positiv. Das Tanzen, Aufsprechen meiner Texte und vorher geschminkt zu werden war etwas ganz Besonderes für mich. So im Mittelpunkt zu stehen und gefeiert zu werden, geradezu in Lob und Begeisterung über mich und meine Arbeit zu baden, damit überschüttet zu werden, selbst vor Freude zu leuchten und das ausdrücken zu dürfen, was ich liebe und am besten kann, erlebe ich sonst nur selten bzw. ist das letzte Mal schon lange her. Ich finde das Kostüm sehr gelungen, v.a. die Perlen, die den Übergang der beiden Farben markieren, der sich auf diese Weise für mich fühlen lässt, gefallen mir besonders gut. Ich freue mich schon sehr auf den Austausch mit den anderen Teilnehmenden des Projekts. Außerdem bin ich irre gespannt, wer alles zur Vernissage und zur Ausstellung kommen oder wie das Feedback ausfallen könnte und was sich aus dem Projekt und desssen Präsentation vielleicht noch anderes entwickelt. Die Entwicklung, der gemeinsame Prozess und die wunderbare Zusammenarbeit mit Patricia und Stefan hat mein Selbstbewusstsein gestärkt, mich wieder mehr in Kontakt mit mir selbst und meinem Schreiben gebracht sowie mir Mut gemacht, mich als Künstlerin im kreativen Schaffen weiterzuentwickeln. Ein herzlicher Dank gilt auch meinen Assistentinnen Elisabeth, Anna und v.a. Inga, die die Treffen erst möglich gemacht haben, indem sie bei der Kommunikation und Orientierung unterstützt haben. Auch hier bei der Vernissage sind zwei von ihnen dabei und ihr könnt unsere Zusammenarbeit kennenlernen, die auch hier Gespräche ermöglichen wird. Ich bin durch das Projekt und Kostüm ermutigt worden, und habe gemerkt, dass ich unbedingt wieder mit anderen Menschen tanzen möchte, am liebsten mit Livemusik, aber gern auch in Stille, meinen eigenen Stil weiterentwickeln will und mit anderen professionellen Tänzer*innen zusammenarbeiten sollte, wie ich es z.B. schon in den Uferstudios, im Tanzhaus Berlin Mitte oder in den Sophiensälen gemacht habe. Ich würde mich sehr gern auf eine Tanz-Residenz bewerben oder mit der Unterstützung meiner Assistentinnen an unterschiedlichen Tanzklassen in Berlin teilnehmen. Auch im Schreiben bin ich einmal mehr durch die tollen Rückmeldungen bestärkt worden und habe gelernt, dass ich ohne Hemmungen das Thema Anderssein feiern in meinen kreativen Prozess einfließen lassen kann. Diese Aussichten und Pläne machen mich stolz und glücklich und ich freue mich riesig, fühle mich enorm geehrt, dass ich bei dieser tollen Ausstellung dabei sein darf. Vielen herzlichen Dank an Patricia, Stefan, meine Assistentinnen und die Leute von der Volksbühne, dass sie diese wunderbare, empowernde Erfahrung möglich gemacht haben.

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